Hier zeigt die Kreditbank ihr Gesicht, erklärt, wie alles begann… und dankt:
Mein Name ist Johannes Burr. Ich bin also die Kreditbank, oder genauer: der Initiator des Kreditprojekts und Ausstatter des KREDITkoffers, ein Kreditgeber in einer langen Kette von weiteren Kreditgebern und Kreditnehmer, die weit vor mir bereits schon irgendwann und irgendwo bei jemand anderem, den ich nicht kenne, begonnen hatte und auch nach mir weitergehen wird.
Ich hab mal Kunst studiert. Man wird ja nur Künstler, wenn man Kunst studiert hat, heißt es. Und deshalb bin ich jetzt „Künstler“ und mache halt „Kunst“, so ungefähr, was immer das auch heißen mag. Etwas anderes habe ich nicht gelernt. Eigentlich hab ich gar nichts gelernt.
Und das kam so: Was macht man, wenn man Anfang zwanzig ist, nicht weiß, was man will und außerdem an einer „Freien Universität“, die überhaupt nicht frei ist, Philosophie studiert, eigentlich aber sein eigenes Studium frei zusammenstellen möchte? – Ja, genau, man geht an eine Kunstakademie. Da kann man alles machen, was man will: freie Kunst eben! Zumindest sobald man dort aufgenommen wurde. Mit den Aufnahmeprüfungen fangen aber bereis auch dort die Ungereimtheiten an. Denn sie sind eher ein Art Roulette-Spiel darum, welcher Professor mit welchem Kunstgeschmack gerade in der Prüfungskommission sitzt. Der eine will nämlich z.B. ausschließlich lineare Aktzeichnungen! sehen und der andere möglicherweise bloß kein Akt sondern unbedingt nur Abstraktes und Ungegenständliches! usw…
Ich hatte jedoch Glück. Und wenn man einmal drinnen ist, dann kann man vor allem auch nichts machen, „Nichts“ – großgeschrieben, das trifft es vielleicht besser. Also Kunst: ein großes, lautes, geschäftiges, wichtiges Nichts. Ein richtiges Fragezeichen zumindest… Und dieses Nichts macht man dann so weiter in einem ziemlich nichtigen Kunstsystem. Immer auf der Suche nach Geld, um noch mehr Nichts machen zu können. Denn ohne Geld geht auch das Nichts nicht.
Irgendwann, gegen Ende meines Kunststudiums, als mir klar wurde, dass ich immer noch nicht wußte, was Nichts ist und wie man Nichts nicht nur macht sondern dabei auch möglichst erfolgreich ist – auch finanziell gesehen -, da kam mir eine geniale Idee: Warum nicht einfach ohne Geld einen Film übers Geld drehen, der viel Geld einspielt?
Einer der ersten Versuche dazu war dieses Skript hier.
Klar, das war eine blöde, rein spekulative Idee. Daraus entwickelte sich dann aber ein Kurzfilm, bei dem ein arbeitslose Musiker Empedokles wie eine Art „lebendes Geld“ durch Berlin vagabundiert, Geschichten und Menschen scheinbar zufällig miteinander verknüpft und dabei Steine in seinen leeren Cellokasten sammelt. Geld spielte dieser Film jedoch nicht ein…
Eigentlich ging es aber um etwas anderes. Nämlich darum, wie man überhaupt „Kunst“ machen könne, ohne nicht gleichzeitig auch die Frage nach dem Geld zu stellen: Was ist Geld?
Auch Geld entsteht – wie die Kunst – scheinbar aus dem Nichts, ist selber ein Nichts. Aus Nichts wird eben sehr wohl auch gerade Nichts! (Die Banker sprechen deshalb vom Fiat-Geld, weil es geschöpft wird, gerade so wie Gott in der Bibel die Welt aus dem Nichts schuf: fiat lux – es werde Licht! Und es ward Licht…)
Was lag da also näher, als einfach die Seite zu wechseln und Banker zu werden? Warum immer dem Geld hinterherrennen für die eigenen nichtigen Projekte, statt einfach Geld zu verteilen und anderen damit möglichst viel Nichts zu ermöglichen?!
Banker sein kann jeder. Denn wenn beides, Kunst und Geld, als scheinendes Nichts aus einem Nichts geschöpft werden, dann sind sie etwas sehr Ähnliches oder sogar das Gleiche, insofern sie nämlich beide jeweils auf unsere kreativen Fähigkeiten verweisen, auf unser schöpferisches Potential. Geld ermöglicht die Ausbildung und Realisierung von Fähigkeiten. Es verbindet uns und schafft den Ausgleich zwischen Abhängigkeit und Bedürftigkeit auf der einen Seite und Kreativität und Produktivität auf der anderen. Und Kunst ist das Ergebnis, oder genauer der Prozess des Kreierens und Schöpfens selbst. Fähigkeiten und Potential hat aber jeder von uns, fehlt meistens nur das Geld. Warum also den Geldbeziehungsprozess nicht selbst zur Kunst machen?
So entstand die Idee zum Kreditprojekt. Zwischen 2006 und 2012 zog ich als mobile Kreditbank mit dem KREDITkoffer durch die Welt, immer auf der Suche nach einem neuen Kreditnehmer. Das war nicht immer ganz einfach, nicht jeder wollte diesen Kredit haben, denn dafür musste man u.a. auch Verantwortung übernehmen (womit ich sie selber – für eine zeitlang zumindest – los war)! Aber es hat sich schließlich immer noch jemand gefunden, und so sind in sechs Jahren insgesamt sieben Kettenfilme entstanden.

So wie jeder Banker aber das Kreditgeld, das er schöpft und verteilt, selber gar nicht besitzt sondern lediglich treuhänderisch verwaltet, genauso konnte auch ich mit dem KREDITkoffer nur das weitergeben, was ich selber nicht besitze sondern in irgendeiner Form von anderen geschenkt bekommen habe (auch gerade das Vertrauen in ein Nichts, das sich aus Nichts vielleicht realisiert – oder auch nicht…): Ohne freies Schenken kein freies Weiterschenken.
Am Gelingen dieses Projektes hatten so viele Leute direkten Anteil, dass ihnen deshalb auf einer extra Seite ganz herzlich gedankt sei!